Warum ich gerne den Tisch decke

Weil wir nicht mehr in Höhlen hocken. Weil wir keine Kaninchenfelle mehr um die Füße wickeln. Und weil wir nicht mehr am Knochen nagen – na gut, manchmal schon.

Bei uns zuhause gibt’s keine Fertigpizza, keine Dosenravioli, keinen Mikrowellenfraß. Null. An keinem einzigen Tag. Wenn’s schnell gehen muss, dann Nudeln mit Tomatensoße – Ende der Debatte. Aber meistens habe ich Bock auf mehr. Auf Kochen mit Händen, Herz und Lautstärke.

So hat das auszusehen. Und nicht anders.

Und: Ich decke den Tisch. Vor dem Kochen. Immer. Warum? Weil ich’s so gelernt habe, damals als Zivildienstleistender im Jugenderholungsheim Sturmeck auf Spiekeroog. Teller bündig zur Tischkante. Links die Gabel. Rechts das Messer – Schneide zum Teller, verdammt nochmal! – daneben, wenn’s sein muss, der Suppenlöffel. Serviette links oder auf dem Teller, Gläser rechts. Wasser für die Kinder, Wasser plus Wein für Anna und mich. Zack.

Und weil die Mittlere Linkshänderin ist, gibt’s bei ihr das Ganze spiegelverkehrt. Klar.

Manchmal bitte ich jemanden aus der Familie, den Tisch zu decken. Ergebnis? Katastrophe. Jedes. Einzelne. Mal. Alles steht irgendwo, Untersetzer vergessen, Schöpfkelle fehlt, Servierlöffel? Vergiss es. Am Ende dampft das Essen – und wir können nicht loslegen, weil irgendwer gepennt hat.

Also mach ich’s selber. Mit Ruhe. Mit System. Und vor allem: vor dem Kochen. Sonst wird’s hektisch. Und ich? Unerträglich.

Tischdecken ist für mich kein Zwang. Es ist wie ein kleiner Beat vor dem großen Konzert. Ein Ritual, das sagt: Jetzt wird gegessen. Jetzt wird gelebt.

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